Neben den drängendsten Fragen wie der Ablauf der OP, der technischen Versorgung und der weiteren Hörreise, beschäftigen einen auch die ganz alltäglichen Themen, wenn das eigene Kind oder man selber zum CI- oder Hörgerät-Träger wird. Dazu gehört u.a. auch das Thema Sport. Mit Blick auf das doch durchaus sichtbare große Gerät am Kopf, fragt man sich als Eltern zwangsläufig, welche Sportarten möglich bzw. sinnvoll sind. Man möchte weder Gefahr laufen, dass die teure Technik kaputt oder verloren geht, noch dass das innenliegende Implantat durch einen Schlag auf den Kopf zerstört wird und damit eine Re-Implantation nötig.
Eingeprägt hat sich mir der Satz unseres implantierenden Arztes: „Lassen Sie Ihr Kind Kind sein und es sich so entwickeln wie das jedem anderen Kind möglich ist!“ Unterstrichen hat er diese Aussage mit dem Nebensatz, „es wird schon so genug Herausforderungen zu meistern haben. Also wenn es Fußball spielen will, lassen Sie es Fußball spielen, und natürlich ohne Helm!“ (Das hat er nämlich auch schon erlebt…)
Mit diesem Satz hat er damals, als Marie noch als Baby in meinen Armen lag, mein Mutter- (und Sportler)herz voll und ganz angesprochen. Man kann sein Kind nicht vor allem beschützen, das habe ich durch die cmv-Infektion selbst leidvoll erfahren müssen. Aber ich kann alles dafür tun, dass mein Kind eine glückliche Kindheit erlebt, sich voll entfalten, seinen Interessen nachgehen, stolpern, hinfallen und wieder aufstehen kann.
Mit einer alles dominierenden Sorge würde ich meinem Kind seine natürliche Lebensfreude nehmen. Überängstliche Kinder resultieren meines Erachtens aus überängstlichen Kindern (ohne mich hier als Erziehungsexpertin aufspielen zu wollen.) Jeder geht seinen Weg, mit etwas Mut und Selbstvertrauen geht er sich ein wenig angenehmer. Natürlich gehört ein Abwägen der Gefahren immer dazu.
Marie fährt im Winter begeistert Ski, Eislauf und natürlich Schlitten (alles mit einem normalen Helm). Im Sommer fährt sie Fahrrad und Roller. Inline-Skates habe ich mir bislang noch nicht vorgeschlagen und gehört tatsächlich für mich zu den Freizeitbeschäftigungen, die sie nicht unbedingt machen muss wenn sie nicht unbedingt will. Das hängt aber wohl eher mit meinen persönlichen Erfahrungen mit diesem Sport zusammen. Ballett und Tanzen gehen übrigens auch wunderbar – trotz der Hörbeeinträchtigung liebt Marie es, wie jedes Kind, sich zur Musik zu bewegen. Reiten und Pferde liebt Marie natürlich auch über alles, auch hier passt der normale Reithelm, der nicht extra angepasst werden musste. Bei der Auswahl aller Helme sämtlicher Sportarten sollte man vor dem Kauf darauf achten, dass der Helm gut sitzt und v.a. nicht am Implantat drückt. Was bei Sportarten mit Helmen hilfreich ist, ist der Einsatz der FM-Anlage. Weil der Helm doch eine zusätzliche Beeinträchtigung der Akustik bedeutet, schnalle ich mir z.B. beim Skifahren die FM-Anlage um und kann so mit Marie auch über die Distanz mit ihr kommunizieren, z.B. wenn ich die Kurven vorausfahre. Oder der Reitlehrer hängt sich das FM-Gerät um den Hals und so versteht das CI-Kind auch am Ende des Reitplatzes die Ansagen.
Wir kennen andere Kinder, die mit CI Fußball spielen, Leichtathletik oder Taekwondo machen. Hier können spezielle Sport-Stirnbänder helfen, die das CI zusätzlich sichern. Nach dem Sport, wenn man stark geschwitzt hat, sollte man das CI in die Trockenbox legen.
Trampolinspringen ist aktuell eine der meist diskutierten Freizeitaktivitäten unter Eltern mit CI-Kindern. Hier kommt neben dem nicht ganz günstigen Tobe-Effekt die Gefahr eines Zusammenstoß‘ mit anderen Kindern sowie die elektrostatische Aufladung dazu. Manche CI-Hersteller geben an, dass man vermeiden sollte, unter „Spannung“ direkt das CI zu berühren. Ähnliche Gefahren bergen Plastikrutschen und das allseits beliebte Bällebad. Ich kann nur von uns berichten, dass Marie all diese Sachen bislang ohne Probleme mit Spaß genießt. Beim Trampolinspringen ist es etwas nervig, dass die Magnetspulen durch das Springen herunterfallen. Manchmal machen wir ihr während des Springens dann die CIs einfach ab, oft aber nicht. Im Kindergarten nimmt sie die CIs im Bällebad heraus, das erspart unter Umständen stundenlanges Suchen. Zum Thema Schwimmen und Plantschen gibt es hier einen eigenen Blog-Beitrag.
Gespannt bin ich auf die Diskussion in der Schule, wenn es darum geht, dass Marie ihre Ohrringe wegen der Verletzungsgefahr rausnehmen muss, ihre weitaus größeren CIs aber dran bleiben müssen.
2 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen
Toller, hilfreicher Post. Danke! Bin neue CI Kind Mama, kurzfristig nach Meningitis und freue mich sehr über diesen Blog. Wurde mir gerade im Krankenhaus von einer älteren Finnin empfohlen, deren Name ich mir leider nicht merken konnte, die selbst gerade ihr zweites CI bekommen hat. Sehr tolle Empfehlung <3
Das freut mich sehr! Genau aus diesem Grund habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Am Anfang sind so viele Fragen, alles ist neu…
Die Finnin ist die Mama einer langjährigen Freundin – noch aus der Grundschulzeit. Freut mich sehr 🙂
Ich wünsche Euch alles, alles Gute!! Es wird alles gut werden!!