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ABC – das CI liegt im Schnee

Winterzeit, Rodelzeit. Auch wenn dieser Winter nicht so schneereich wie der letzte ist, haben wir uns unseren jährlichen Ski-Urlaub nicht nehmen lassen und sind in die österreichischen Berge gefahren, um den Winterspaß zu genießen. Die Kinder sind wie wir absolute Bergfexe und nachdem ihr großer Bruder schon ganz ordentlich die Pisten runter fährt, war es heuer auch für Marie an der Zeit, sich auf den Skiern zu versuchen.  Dazu haben wir uns im Vorfeld Gedanken gemacht, wie wir es organisieren können, dass Maries Kopf und CIs gut geschützt sind, sie uns und den Skilehrer aber zugleich gut verstehen kann.

Die Suche nach dem passenden Skihelm hat etwas länger gedauert als wir es von ihrem Bruder kannten. Entweder war der Helm generell zu eng, drückte an den Stellen, an denen das CI saß oder er war zu groß. Witzigerweise hatten wir dann über eine Annonce bei ebay kleinanzeigen Glück. Eigentlich erschien mir der Helm zu groß, aber Marie war so enttäuscht als ich den rosa Helm erneut ablehnte, dass der private Verkäufer Marie den Helm zum Spielen schenkte. Mir war das etwas unangenehm, denn ich war überzeugt, dass der Helm noch zu groß sei. Marie aber strahlte und war stolz. Zuhause kamen wir dann auf die glorreiche Idee, den Helm mit Mütze und Stirnband zu probieren, und siehe da – der Helm passte und nichts wackelte. Nur leider waren so auch zwei bis drei Schichten über dem im CI eingebauten Mikrofon, was Maries Hörvermörgen erheblich beeinträchtigte.

Glücklicherweise weiß auch hier die moderne Medizintechnik Abhilfe: Die FM-Anlage! Gut, sie wurde eigentlich nicht vornehmlich für das Skivergnügen von CI-Kindern erfunden, hier eine kurze Erklärung (aus wikipedia):

Als FM-Anlage werden drahtlose Signalübertragungsanlagen bezeichnet, die Signale mit frequenzmodulierten Funksignalen (FM) übertragen. Der Begriff wird vor allem für Tonübertragungsanlagen für schwerhörige Menschen verwendet. Die Gerätekonfiguration besteht aus einem Sender und einem Empfänger. Am „Sender“ (beispielsweise mit einem Mikrofon) werden die gewünschten Tonsignale aufgenommen, in modulierte elektrische Funksignale umgewandelt und ausgestrahlt. Die Person mit Hörbeeinträchtigungen trägt ihrerseits den Empfänger, der das Funksignal entweder wieder in Schallwellen umwandelt, die mit einem eigenen Ohrhörer zum Ohr geleitet werden, oder über Kabel an ein angeschlossenes eigenständiges Hörgerät oder CI leitet. Sowohl für die direkte Übertragung vom FM-Empfängermodul an das Ohr als auch die „mittelbare“ Übertragung zunächst an das Hörgerät gilt, dass eigentlich keine „Verstärkung“ des Schalls erfolgt, sondern es wird lediglich die Abschwächung des Schalls bei größerer Entfernung durch den Übertragungsvorgang umgangen.

Wir nutzen die FM-Anlage seit Marie in den Kindergarten geht, da sie Probleme hatte, im großen Morgenkreis, bestehend aus 23 Kindern, die Erzieherinnen zu verstehen. Oder beim Freispiel wenn die Kinder im Gruppenraum verteilt spielen und Marie die Ansagen der Erzieherinnen schlecht versteht. Die Erzieherin hat dabei ein Gerät um den Hals hängen, das in etwa so aussieht wie ein Walkie-Talkie. In dieses spricht sie hinein und der Schall wird dann direkt auf das erweiterte CI des Kindes übertragen. Auch beim Autofahren oder wenn Marie im Fahrradanhänger sitzt, erweist uns die FM-Anlage gute Dienste, denn so kann ich mit Marie kommunizieren, ohne mich zu ihr umdrehen zu müssen. Ich kann nach vorne sprechen, auch wenn sie hinter mir sitzt und sie mein Mundbild so nicht beobachten kann.

Für den Skikurs haben wir im Vorfeld mit der Skischule Kontakt aufgenommen und sie gefragt, ob einer ihrer Skilehrer für die Dauer des Kurses bereit wäre, die FM-Anlage zu tragen, damit Marie ihn besser verstehen kann. Für die Skischule war das kein Problem und ich habe dann am ersten Tag den Skilehrer in das Gerät eingewiesen. Leider hat die Kommunikation aber nicht ganz so geklappt wie wir uns das erhofft hatten, wobei es für uns als Eltern schwer war, herauszufinden, woran das lag. Gut möglich, dass das Hören gar nicht so das Problem war, sondern einfach die fremde Situation und die fremdem Menschen. Nach dem zweiten Tag haben wir den Kurs abgebrochen und das Training unserer bald 4-jährigen Tochter selbst übernommen. Das hat dann sehr viel besser geklappt, und die FM-Anlage hat sich hier durchaus bewährt.

Die größte Aufregung in unserem Winterurlaub war ein verlorenes CI. Nach langer Trockenperiode freuten wir über am Abend einsetzenden Schneefall und die Kinder tollten ausgelassen im Schnee herum. Wir fuhren mit einem Pferdeschlitten durch die verschneite Winterlandschaft und bevor es am Abend wieder in die gute Stube hinein ging, sausten die Kinder mit ihren Popo-Rutschern einen kleinen Hügel hinab. Irgendwann jagten wir die Beiden hinein, um sich umzuziehen. Doch dann der Schock: das CI war weg! Wo konnte es sein? Erst durchsuchten wir alle Kleidungsstücke, denn es passiert häufig, dass sich das CI beim Umziehen in der Mütze, einer Jacke oder im Pulli verheddert. Doch so sehr wir auch die Klamotten durchsuchten, vom CI war keine Spur. Es konnte also nur draußen sein. Aber wo? In der Pferdekutsche? Oder im Schnee beim Rodelhügel? Marie hatte die ganze Zeit ihre Mütze auf, also war uns nichts aufgefallen, dass eine Seite fehlte. Gesagt hatte sie auch nichts – das Spielen war viel zu aufregend.

Nachdem im Zimmer nichts vom CI zu finden war, packten wir uns warm ein und machten uns auf die Suche nach draußen. Erst telefonierten wir noch mit dem Kutscher und baten ihn, seinen Pferdeschlitten zu durchsuchen. Dann machten wir uns draußen auf die Suche nach der Nadel im Heuhaufen – ein weißes Cochlea Implantat im Schnee bei Dunkelheit und starkem Schneefall zu suchen. Die Zeit spielte gegen uns. Es schneite unaufhörlich – unter anderem Umständen hätten wir uns darüber gefreut, aber mit jeder Schneeflocke, die sich auf den ohnehin schon weißen Untergrund legte, sank die Wahrscheinlichkeit, dass wir fündig wurden. Wir gingen systematisch die Stellen, an denen die Kinder gespielt hatten, mit unseren Taschenlampen ab. Immer und immer wieder streichten wir mit unseren Füßen über den weichen Untergrund. Nichts. Langsam wurden die Kinder drinnen unruhig, denn sie wollten nicht so lang allein sein und hatten Hunger. Mein Mann ging hinein, um sich die Kinder zu kümmern, ich wollte noch ein bisschen weiter suchen, auch wenn ich nicht mehr viel Hoffnung hatte. Auf einmal fiel mein Blick auf die Schneeschaufel, die an der Hausmauer lehnte. Mit einem Blick auf den zunehmenden Schneefall entschied ich mich für die rabiate Methode und begann zu schaufeln. Unter dem weichen Pulver war eine gut gesetzte, vereiste Schneeschicht. Ich kratzte an der verhärteten Schneedecke und arbeitete mich systematisch von links nach rechts. Und auf einmal – ich konnte meinen Augen nicht trauen – entdeckte ich das durchsichtige (!) Ohrpassstück, wie es aus dem harten Schnee herausragte. Das gibt’s doch nicht! Ich grub das Ohrpassstück heraus, das glücklicherweise noch mit dem Prozessor verbunden war. Nur die Spule war weg. Doch nach etwas an der Stelle herumgraben entdeckte  ich auch die Spule und das lose Kabel. Alles da! Es wird zwar nicht mehr funktionieren, dachte ich, aber zumindest ist das teure CI wieder da! Ersatzteile für einzelne Komponenten lassen sich nachbestellen, aber einen ganzen Verlust melden, ist schon unangenehmer.

Überglücklich legten wir die Einzelteile in die Trockenbox und hofften. Vielleicht würde es ja doch noch funktionieren? Und ja – wieder hatten wir Glück! Das CI hatte die zwei Stunden im eiskalten Schnee tatsächlich überlebt! Es hat sowohl die Kälte als auch dass die Kinder höchstwahrscheinlich öfter darüber gerutscht sind, heil überstanden. Respekt, was das Teil aushält! So bald brauch ich so eine Aufregung nicht. Aber ich bin sicher, dass das nicht die letzte Aktion dieser Art gewesen sein wird – von in’s Klo gefallenen CIs bis über im Sandkasten oder Bällebad verschütteten Geräten gibt es die skurilsten Geschichten. Was sind denn Eure Erlebnisse hier?

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