Laterne, Laterne…
… und wie geht’s weiter?
Bumm bumm …
Seien wir mal ehrlich: Laternenumzug ist für Eltern purer Stress!
Vor allem wenn man als Mami allein mit zwei kleinen Kindern durch die nächtlichen Straßen zieht, und man nur damit beschäftigt ist, weder Kind noch Anschluss zu verlieren, tue zumindest ich mir schwer mit der Vorstellung von Kerzenromantik unter’m Sternenhimmel. Das mit dem gemeinschaftlichen Singen in einem Zug von über 100 Kindern und doppelt so vielen schnatternden Eltern haut irgendwie auch nie so richtig hin – seien wir mal ehrlich, die Kinder würden gerne singen, aber die Mamis können ihre Klappe nicht halten… Und wenn dann noch eins von beiden Kindern, das dicke in Schneeanzug und Fäustlinge gesteckt ist, unterwegs ganz dringend auf die Toilette muss, kann man eigentlich ebenso gut nach Hause gehen.
Aber gut, das macht ja fast jede Mami oder Papi mal mit, und gehört halt irgendwie dazu.
Was für die Kleinen mit am schönsten ist, sind das vorherige Basteln und das Üben der Lieder für das Martinsfest.
Die letzten Wochen tönte insbesondere abends bei uns stets ein lautstarkes „Rabimmel, rabammel, rabumm – bumm bumm!!!“ durch’s Haus.
Was hab ich mich gefreut – meine kleine Marie schmettert ihre ersten St. Martins-Lieder. ?
„Rote, gelbe, grüne, blaue…“ wechselten sich munter ab mit „Laterne, Laterne“ – und zwischendurch immer ein kräftiges „bumm bumm!“
Ich war total happy, dass Marie offenbar so gut mit den Liedtexten zurechtkommt, haben sie im Kindergarten doch fleißig geübt. Ich selbst habe zuhause viel mit ihr gesungen, und ihr die Geschichte vom Heiligen St. Martin mithilfe von kleinen Youtube-Videos und Bilderbüchern erklärt.
Leider wurde ich dann heute Abend doch etwas ernüchtert, und ich denke, das ist sinnbildlich für das ständige Auf und Ab der Gefühle, Erwartungen und Hoffnungen, die ich seit Maries Diagnose durchmache.
Denn heute ist mir wieder bewusst geworden, dass mein Kind eben doch ein Handicap hat, das nicht von der Hand zu weisen ist. Heute ist mir wieder bewusst geworden, dass sie – egal wie stark und schlau sie ist – es immer schwerer haben wird als normal hörende Kinder bzw. Menschen ihres Alters.
Beim Singen in der Kirche konnte ich sie und ihre Freundin sehr gut beobachten. Der Unterschied war gravierend! Während Marie mit dem Hören und Singen in der überfüllten Kirche total überfordert war, schmetterte ihre Freundin die Songtexte mehr und weniger textsicher mit. Dabei war Marie keineswegs von der Situation an sich eingeschüchtert oder irritiert, wie es durchaus verständlich ist in einer übervollen Kirche mit über 100 Kindern, Eltern und Großeltern. Nein, Marie war total cool, steuerte selbstbewusst auf die zweite Sitzreihe zu und setzte sich zu den Kindern ihrer Gruppe. Sie beobachtete interessiert die Umgebung, zeigte aber nicht an, dass es ihr zu laut gewesen wäre – das hätte ich eher erwartet.
Beim Singen suchte sie ganz bewusst den Blickkontakt zur Erzieherin in ihrer Nähe und beobachtete gebannt deren Mundbild, Mimik und Gestik. Man konnte ihr förmlich beim Denken zusehen, wie es in ihrem Kopf arbeitete. Hin und wieder konnte ich beobachten, dass sie mit dem Singen einsetzen wollte, aber mit dem Text nicht hinterherkam.
Ich konnte eins zu eins zusehen, wie sie kognitiv voll dabei war, aufgrund ihrer Hörschädigung aber so im Nachteil war, dass sie keine Chance hatte, mit den anderen Kindern mitzuhalten. Und dass war es, was mir so weh tat. Wegen eines winzig kleinen Virus, vor dem ich sie im Babybauch nicht schützen konnte, wird sie immer körperlich im Nachteil sein.
Natürlich bin ich froh, dass sie sonst gesund ist. Ja, es hätte alles viel schlimmer kommen können. Und ja, ich bin verdammt froh, dass es Lösungen wie das Cochlea Implantat gibt.
Aber ich darf auch – hier und jetzt und immer wieder – mal sauer und mal traurig sein, und mich nicht solcher Gefühle schämen müssen.
Manchmal darf man einfach mal Mitleid mit sich selbst und mit seinem Kind empfinden, weil es hätte ja auch alles ganz gut sein können und sie hätte ja nicht eins von 1.000 Kindern sein müssen, dass mit Hörschädigung zur Welt kommen muss.
In solchen Situationen wie heute wird einem einfach der Unterschied total bewusst.
Mir wahrscheinlich mehr als ihr, denn Marie ist sich dieses Unterschieds noch nicht so bewusst. Für sie ist es – noch – normal so wie es ist. Ich stand heute in der Rolle der Beobachterin abseits und habe getan, was einem jeder sagt, was man als Mama keinesfalls machen sollte: ich habe mein Kind mit den anderen verglichen.
Hand auf’s Herz – wer hat das noch nie getan?
Gerade weil ich mein Kind über alles liebe, möchte ich ihr Leid ersparen, bin mir aber natürlich bewusst, dass ich das nicht kann. Ich kann ihr aber etwas Wichtiges mitgeben:
- Ich kann sie stark machen, für alles, was da kommt.
- Ich kann ihr Wurzeln geben, auf denen sie bauen und wachsen kann.
- Ich kann ihr Grundvertrauen in sich und in ihre Stärken geben.
- Ich kann ihr zeigen, worauf es ankommt, nämlich auf die inneren Werte und sie soweit stärken, dass Lästereien oder Ungleichbehandlungen nicht ihr Selbstwertgefühl schmälern.
- Ich kann ihr das geben, was alle Eltern ihren Kindern in tausendfacher Form geben (sollten): uneingeschränkte, bedingungslose Liebe.
Laterne, Laterne
Laterne, Laterne…
… und wie geht’s weiter?
Bumm bumm …
Seien wir mal ehrlich: Laternenumzug ist für Eltern purer Stress!
Vor allem wenn man als Mami allein mit zwei kleinen Kindern durch die nächtlichen Straßen zieht, und man nur damit beschäftigt ist, weder Kind noch Anschluss zu verlieren, tue zumindest ich mir schwer mit der Vorstellung von Kerzenromantik unter’m Sternenhimmel. Das mit dem gemeinschaftlichen Singen in einem Zug von über 100 Kindern und doppelt so vielen schnatternden Eltern haut irgendwie auch nie so richtig hin – seien wir mal ehrlich, die Kinder würden gerne singen, aber die Mamis können ihre Klappe nicht halten… Und wenn dann noch eins von beiden Kindern, das dicke in Schneeanzug und Fäustlinge gesteckt ist, unterwegs ganz dringend auf die Toilette muss, kann man eigentlich ebenso gut nach Hause gehen.
Aber gut, das macht ja fast jede Mami oder Papi mal mit, und gehört halt irgendwie dazu.
Was für die Kleinen mit am schönsten ist, sind das vorherige Basteln und das Üben der Lieder für das Martinsfest.
Die letzten Wochen tönte insbesondere abends bei uns stets ein lautstarkes „Rabimmel, rabammel, rabumm – bumm bumm!!!“ durch’s Haus.
Was hab ich mich gefreut – meine kleine Marie schmettert ihre ersten St. Martins-Lieder. ?
„Rote, gelbe, grüne, blaue…“ wechselten sich munter ab mit „Laterne, Laterne“ – und zwischendurch immer ein kräftiges „bumm bumm!“
Ich war total happy, dass Marie offenbar so gut mit den Liedtexten zurechtkommt, haben sie im Kindergarten doch fleißig geübt. Ich selbst habe zuhause viel mit ihr gesungen, und ihr die Geschichte vom Heiligen St. Martin mithilfe von kleinen Youtube-Videos und Bilderbüchern erklärt.
Leider wurde ich dann heute Abend doch etwas ernüchtert, und ich denke, das ist sinnbildlich für das ständige Auf und Ab der Gefühle, Erwartungen und Hoffnungen, die ich seit Maries Diagnose durchmache.
Denn heute ist mir wieder bewusst geworden, dass mein Kind eben doch ein Handicap hat, das nicht von der Hand zu weisen ist. Heute ist mir wieder bewusst geworden, dass sie – egal wie stark und schlau sie ist – es immer schwerer haben wird als normal hörende Kinder bzw. Menschen ihres Alters.
Beim Singen in der Kirche konnte ich sie und ihre Freundin sehr gut beobachten. Der Unterschied war gravierend! Während Marie mit dem Hören und Singen in der überfüllten Kirche total überfordert war, schmetterte ihre Freundin die Songtexte mehr und weniger textsicher mit. Dabei war Marie keineswegs von der Situation an sich eingeschüchtert oder irritiert, wie es durchaus verständlich ist in einer übervollen Kirche mit über 100 Kindern, Eltern und Großeltern. Nein, Marie war total cool, steuerte selbstbewusst auf die zweite Sitzreihe zu und setzte sich zu den Kindern ihrer Gruppe. Sie beobachtete interessiert die Umgebung, zeigte aber nicht an, dass es ihr zu laut gewesen wäre – das hätte ich eher erwartet.
Beim Singen suchte sie ganz bewusst den Blickkontakt zur Erzieherin in ihrer Nähe und beobachtete gebannt deren Mundbild, Mimik und Gestik. Man konnte ihr förmlich beim Denken zusehen, wie es in ihrem Kopf arbeitete. Hin und wieder konnte ich beobachten, dass sie mit dem Singen einsetzen wollte, aber mit dem Text nicht hinterherkam.
Ich konnte eins zu eins zusehen, wie sie kognitiv voll dabei war, aufgrund ihrer Hörschädigung aber so im Nachteil war, dass sie keine Chance hatte, mit den anderen Kindern mitzuhalten. Und dass war es, was mir so weh tat. Wegen eines winzig kleinen Virus, vor dem ich sie im Babybauch nicht schützen konnte, wird sie immer körperlich im Nachteil sein.
Natürlich bin ich froh, dass sie sonst gesund ist. Ja, es hätte alles viel schlimmer kommen können. Und ja, ich bin verdammt froh, dass es Lösungen wie das Cochlea Implantat gibt.
Aber ich darf auch – hier und jetzt und immer wieder – mal sauer und mal traurig sein, und mich nicht solcher Gefühle schämen müssen.
Manchmal darf man einfach mal Mitleid mit sich selbst und mit seinem Kind empfinden, weil es hätte ja auch alles ganz gut sein können und sie hätte ja nicht eins von 1.000 Kindern sein müssen, dass mit Hörschädigung zur Welt kommen muss.
In solchen Situationen wie heute wird einem einfach der Unterschied total bewusst.
Mir wahrscheinlich mehr als ihr, denn Marie ist sich dieses Unterschieds noch nicht so bewusst. Für sie ist es – noch – normal so wie es ist. Ich stand heute in der Rolle der Beobachterin abseits und habe getan, was einem jeder sagt, was man als Mama keinesfalls machen sollte: ich habe mein Kind mit den anderen verglichen.
Hand auf’s Herz – wer hat das noch nie getan?
Gerade weil ich mein Kind über alles liebe, möchte ich ihr Leid ersparen, bin mir aber natürlich bewusst, dass ich das nicht kann. Ich kann ihr aber etwas Wichtiges mitgeben:
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