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Du bist nicht Schuld!

Warum suchen wir so oft die Schuld bei uns? 

Ich erlebe es immer wieder, dass in Selbsthilfe-Foren und Gruppen die Frage aufkommt: Was habe ich falsch gemacht? Warum konnte ich mein Kind nicht beschützen?

Ich gebe zu, diese Gedanken hatte ich auch. Das oberste Ziel einer werdenden Mutter ist es, das Kind, das sie in sich trägt, zu schützen. Doch was, wenn der schützende Mutterbauch, der Lebensraum,  der das Kind vor all den schlechten Einflüssen da draußen, nicht der Schutzraum ist, der er sein sollte? Sondern im Gegenteil, das Kind sogar krank macht?

Meine Gedanken kreisten immer wieder um dieses Thema… Hätte sich Marie nicht bei mir im Bauch mit cmv angesteckt, würde sie heute hören.  Ist es dann nicht mütterliches Versagen auf höchsten Niveau? Habe ich schon im Vorfeld, bevor ich Marie überhaupt auf  die Welt brachte, versagt?

Auch wenn diese Fragen in den ersten Monaten (wenn nicht Jahren) in meinem Kopf herum schwirrten, so ist die Antwort auf die Frage der Schuld doch ein klares NEIN!

Ich habe in der Schwangerschaft weder geraucht, noch Alkohol getrunken, noch war ich Bunge Jumping und habe auch keine Katzen gestreichelt (böse Toxoplasmose). Ja, ich habe mit Maries größerem Bruder gekuschelt, ihm die Windeln gewechselt, seine Tränen getrocknet – und mich dabei – vielleicht (!) –  mit cmv infiziert. Hätte ich auf den engen Kontakt mit meinem Sohn verzichten sollen? Nein, das hätte ich nie gekonnt! Angesichts der Wahrscheinlichkeit, sich im ersten Trimenon mit cmv zu infizieren (wenn man davor überhaupt negativ war), wäre das eine absolut überzogene Maßnahme gewesen.

Aber auch bei Eltern, deren Kinder aus anderen Gründen ertaubt sind, lautet die einzig wahre Antwort auf die Schuldfrage NEIN, IHR HABT KEINE SCHULD!  

Wer kann schon etwas für eine spontane Genmutation oder eine unerkannte, zufällig rezessiv vererbte Genkonstellation?

Die Suche nach der Schuld ist mitunter eine Suche nach Antworten, nach Erklärungen, die es nicht gibt.

In unserem modernen Leben sind wir es gewöhnt, die Dinge im Griff zu haben. Wir erstellen uns einen Lebensplan, ordnen uns in der Gesellschaft ein, vergleichen uns mit Anderen. Wenn wir krank werden, sind wir angeblich selbst Schuld, weil wir uns falsch ernährt oder zu wenig Sport getrieben haben, einen ungesunden Lebensstil verfolgt oder einfach nur zu wenig Abstand gehalten haben. Auch bei einem Unfall wird ein Schuldiger ausgemacht….

Doch macht es eine Schuldzuweisung einfacher, das eigene Schicksal zu ertragen? Selbst für Naturvölker scheint die Frage nach der Schuld eine Rolle zu spielen – da waren dann die Götter oder Naturgeister nicht wohl gesonnen, wenn ein Kind mit einer Behinderung zur Welt kam.

Mit der Frage der Schuld schwingt auch noch eine andere Fragestellung mit, die sich alle stellen: „Warum ich?“ Auf diese Frage gibt es keine Antwort; sie ist falsch gestellt. Viel eher kann man sich die Frage stellen: „Wieso eigentlich nicht wir? Wieso soll es nur andere treffen?“

Wahrscheinlich sind die Fragen nach dem Warum und der Schuld ein essentieller Bestandteil in der Trauerverarbeitung. Rational wusste ich natürlich, dass ich nicht wirklich was für die Taubheit meiner Tochter konnte. Aber mein Herz hat diese Gedanken und Gefühle aufgeworfen und mein Kopf musste sich damit auseinandersetzen, ob er wollte oder nicht.

Wenn ich anfangs geahnt hätte, wie unser Leben mit Marie sein würde, hätte ich mir am Anfang weniger Sorgen gemacht. Das möchte ich Euch gerne mit auf den Weg geben.

 

 

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